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Madison Blues oder die Leidenschaft für die Berge

18/07/2019 -

 

Nachdem ich vor ca. 5 Jahren die Superrandonnée (SR) „Belchen satt“ gefahren bin stand für mich nach der Einführung der zweiten deutschen SR „Ötztal-Rundfahrt“ fest, dass ich auch diese fahren muss. Ich bin zwar kein guter Bergfahrer aber als ehemaliger Sportkletterer ein Liebhaber der Berge.

Superrandonnées sind simpel. Sie „bestehen“ eigentlich nur aus drei Zahlen: 600-618km Streckenlänge mit mindestens 10.000hm, zu fahren in 60 Stunden.

 


 

Nun ist es im Berlin / Brandenburger Raum gar nicht so einfach hierfür einen Begleiter zu finden. Bei den BB-Brevets in 2018 / 2019 lernte ich Ole T. kennen, einen offensichtlich sehr leidenschaftlichen und sehr jungen Langstreckenfahrer. Ich fragte ihn und bekam gleich ein unkompliziertes „Ja, ich bin dabei“. Da Ole als junger Student offensichtlich viel Zeit hat war die Terminfindung einfach.

Alle weiteren Infos zur Strecke der „Ötztal-Rundfahrt“ gibt es hier:

https://aramuc.de/superrandonnee/informationen-zur-oetztal-rundfahrt

 Wir organisierten ein Hotel in der Nähe des Startortes und buchten ein Zimmer für die Nacht vor dem geplanten Start und nochmal eines für die Nacht nach unserer Wiederankunft.

 Der Wetterbericht versprach gutes Wetter und so starteten wir am 16.07.2019 etwa eine Viertelstunde vor 09:00 Uhr am Bahnhof Deisenhofen, südlich von München.

 Locker schwatzend ging es den ganzen Tag bei gutem Wetter auf ruhigen Wegen durch das schöne Voralpenland hinein nach Östereich, entlang des Achenseeufers, parallel zum Inn und vorbei an Innsbruck. Am Abend erreichten wir über den Brenner Italien. Nun ging es schon ganz schön hoch und ´runter. Zum Abend gab es natürlich eine Pizza in einem schönen Gartenrestaurant. Um den Durst zu löschen bei mir natürlich dazu ein Bier.

 Erwähnenswert ist die in der folgenden Nacht in der klaren Bergluft sehr schön zu beobachtende partielle Mondfinsternis. Leider habe ich davon keine Bilder gemacht. Der sich hoch über den dunklen Bergsilhouetten langsam verdunkelnde Vollmond war schon etwas sehr besonderes für uns.

 Von ca. 01:00 bis gegen 04:00 Uhr in der ersten Nacht machten wir es uns in unseren Schlafsäcken in zwei gegenüber liegenden Bushäuschen „gemütlich“. Bis uns besorgte Carabinieri weckten und nach unserem Problem fragten. Wir hatten keines und sie fuhren beruhigt weiter. So konnten wir in die Morgendämmerung starten.

 Dann erreichten wir die „richtigen“ Pässe: Penser Joch, Jaufenpass, Timmelsjoch – alle drei über 2.000m hoch. Das wurde ein tagesfüllendes Programm. Zwischen Penser Joch und Jaufenpass gönnten wir uns im Tal in einer Bar ein gutes Frühstück, zubereitet von einer sehr bemühten netten jungen Frau – das war super („Ich habe extra ein 6-Minuten-Ei gekocht. Ist das okay?“ Ja, das war es!!!).

 Als wir noch am Restaurant unsere Sachen ordneten kam auf der Straße eine ca. 15 Personen zählende Gruppe junger Leute mit MTB´s vorbei die offensichtlich auch den Jaufenpass fahren wollten. In der Auffahrt überholten wir dann alle der inzwischen ziemlich in die Länge gezogenen Gruppe, zum Schluss kurz vor der Passhöhe die letzten jungen Mädels! Und deren Räder waren deutlich leichter als unsere ca. 17kg-Räder (mit Gepäck, zu Hause gewogen). Das machte uns schon etwas stolz.

 Vor dem Anstieg zum höchsten Pass der Reise, dem Timmelsjoch (2509m), machten wir noch einmal eine ausgiebige Restaurant-Pause in St. Leonard. Um 13:00 Uhr starteten wir bei sehr hohen Temperaturen zum 29km langen Anstieg mit ca. 1.800hm. Diese Auffahrt ist wegen ihrer Länge und der grandiosen Talblicke schon etwas sehr besonderes.

Ich brauchte hier einige Gel- / Riegel-Pausen. Oben lag noch einiges an Schneeresten. Wir hielten uns nicht lange auf und begaben uns in die Abfahrt Richtung Ötztal.

In Sölden gönnten wir uns in einem Supermarkt-Cafe eine Abendbrotpause. Dann ging es immer leicht abschüssig durch das lang gezogene Ötztal zügig weiter.

 Vor Oetz waren wir uns einig, dass wir uns ein Zimmer gönnen wollten. Unser Zeitpuffer war hierfür mehr als ausreichend. Hier ein besonderer Dank an Ole dafür, dass wir beide auch hier sofort einig waren.

Dank google war schnell ein preiswertes Zimmer in einem Hotel in Oetz gebucht. Gegen 20:30 Uhr erreichten wir das von jungen Leuten betriebene kleine und ruhig gelegene Hotel. Als wir sagten, dass wir so gegen 04:00 Uhr frühstücken wollten, wurde uns sofort der Frühstücksraum mit gefülltem Kühlschrank, Kaffeemaschine, Teesamowar usw. gezeigt. Morgens gab es dann dazu noch Brot und Bananen. Der Kaffee stand schon fertig auf der Kaffeemaschine!!! Wir waren begeistert und saßen frisch geduscht und nach gut 5 bis 6 Stunden Schlaf in einem richtigen Bett in der Morgendämmerung wieder auf den Rädern.

 Nun stand der letzte „große“ Pass, der Kühtai, an. Hier tat ich mich sehr schwer, der Tritt war nicht mehr rund. Die vorderen Oberschenkelmuskeln schmerzten gewaltig. Offensichtlich war hierfür die morgentlich Kühle mit verwantwortlich, denn später ging es wieder besser. Auf dem großen Parkplatz im Ort Kühtai stand ein Teambus und mehrere kleine Fahrzeuge von Jumbo – Visma. Hier trainieren also auch die Profis.

Die folgende ziemlich kurvenfreie Abfahrt war dann ein großer Genuss.

 Der Rest war dann relativ unspektakulär. Über Kematen, Telfs (zweites Frühstück im Supermarkt-Café) und den Buchener Sattel ging es wieder über die Grenze bei Mittenwald nach Deutschland. Vorbei am schönen Walchensee und am Kochelsee ging es über einige kleinere Anstiege und ruhige Wege, vorbei an fallenden, fließenden und rauschenden Wassern durch das Voralpenland. Unterwegs gönnten wir uns in einer Ziegen-Alm-Wirtschaft ein sehr leckeres Eis. Ole trank dazu eine Ziegenmilch. Bei mir war ein Stück Kuchen und ein Bier dabei (ich oute mich hier mal als bdwacp).

 Um 16:20 Uhr fotografierten wir uns und unsere Räder wieder vor der Bahnhofsuhr in Deisenhofen. Wir hatten es geschafft! Stolz umarmten wir uns.

Kurz darauf konnten wir unser Zimmer beziehen, duschen und nach fast 2 ½ Tagen frische Sachen anziehen.

In einem Griechischen Restaurant mit sehr schönem schattigen Biergarten gab es dann ein wohlverdientes und ausgiebiges Abendessen.

 Resümee:

Wir hatten wirklich Glück mit dem Wetter, was in den hohen Bergen ein besonderer Vorteil ist. Die angekündigten Gewitter zogen am zweiten Tag weit südlich an uns vorbei. Wir bemerkten davon nur einen warmen Gegenwind im Ötztal.

Die Temperaturen lagen nur morgens im Aufstieg zum Kühtai im einstelligen Bereich.

 Die Versogung ist aufgrund der sehr guten Infrastruktur auf der Strecke überhaupt kein Problem. Immer gibt es Gastronomie, Supermärkte, Dorfbrunnen mit Trinkwasser... . Das war bei „Belchen satt“ deutlich anders (außer die Brunnen, die gab es auch dort reichlich).

 Pannen hatten wir keine. Nur Ole´s Freilauf bedarf wohl jetzt einer Instandsetzung.

 An dieser Stelle noch ein besonderen Dank an Ole, meinen jungen Begleiter. Er wartete geduldig auf allen Pässen auf mich. Ich glaube wir harmonierten trotz unseres Altersunterschiedes von 39(!) Jahren hervorragend. Wir haben uns immer gut unterhalten und es gab wirklich nie eine Spannungssituation, was auf solchen Extremtouren durchaus mal vorkommen kann.

Unsere Einigkeit ging sogar soweit, dass wir auf der Heimfahrt Musik-Videos schauten und feststellten, dass unser Musikgeschmack ähnlich ist. Und hier komme ich zurück zur Überschrift. Das folgende Video gibt mit seiner außergewöhnlichen Leidenschaft und sehr guten Choreografie prima unsere Stimmung nach dieser grandiosen Tour wieder.

Es ist sicher nicht jedermanns Geschmack – unserer ist es:

https://www.youtube.com/watch?v=7XrcQaBI3pQ&feature=youtu.be

 Und hier noch ein link zu relive:

https://www.relive.cc/view/r10006673800

 Vielen, vielen Dank auch an die „Väter“ dieser Tour von ARA-München / Oberbayern – Jörg Kurzke und Ingo Clukas. „Kreativität fängt da an, wo der Verstand aufhört das Denken zu behindern."

 rainer